Wo die wilden Kerle wohnen

NetzTrabanten

Experimentelles Online-Theater

Der Trailer.

NetzTrabanten - Experimentelles Online-Theater

Neun Monate lang haben wir uns digital zusammengesetzt und alles Mögliche und Unmögliche erprobt, um die theatralen Grenzen des Mediums Videokonferenz auszuloten. Entstanden ist ein hybrides Wesen zwischen online Theateraufführung und improvisierter Kunstperformance. Eigene Texte, gefundene Gedichte, Wikipedia-Einträge, Snapchat-Gesichtsfilter, Online-Pferdespiele, Körpererkennungsalgorithmen, Spracherkennungssoftware und viele weitereBonbons der alten und der schönen neuen Welt wurden zu einem digitalen Kaleidoskopzusammengefügt.

Gemeinsam mit dem Publikum werden wir der Frage nachgehen, was ist und was kann onlineTheater?

Die Projektbeschreibung.

Neun Monate lang haben wir uns digital zusammen- und auseinandergesetzt und  alles Mögliche und Unmögliche erprobt um die theatralen Grenzen des Mediums Videokonferenz zu erforschen. Entstanden ist ein hybrides Wesen zwischen online Theateraufführung und improvisierter Kunstperformance. Eigene Texte, gefundene Gedichte, Wikipedia Einträge, Snapchat-Gesichtsfilter, Online-Pferdespiele, Körpererkennungsalgorithmen, Spracherkennungssoftware und viele weitere Bonbons der alten und der schönen neuen Welt wurden zu einem digitalen Kaleidoskop zusammengefügt um gemeinsam mit dem Publikum der Frage nachzugehen, was ist und was kann Online-Theater?

Zu Beginn des Projekts, der Zeit der ersten Erfahrungen mit den Corona-Lockdowns, haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie trotz erheblicher Kontaktbeschränkungen, ein sozialer Austausch möglich ist und wie dieser ganz individuell von jedem Teilnehmer verwirklicht wird. Die ersten Antworten darauf waren erwartungsgemäß sehr ernüchternd: “Ich sehe und spreche nur noch sehr wenige Menschen” bis “Ich habe überhaupt keinen Kontakt zur Aussenwelt mehr”.

Interessante Ausnahmen bildeten eine Teilnehmerin mit regelmäßigen, virtuellen Ausritten mit einer Freundin in einem online Pferdespiel und unser gemeinsamer, nun immer intensiver werdende, digitale Austausch während unserer wöchentlichen, per Videokonferenz durchgeführten Proben.

Einige Teilnehmer waren zunächst sehr skeptisch, bis teilweise ablehnend gegenüber der Vorstellung ein Theaterstück zu entwickeln das vollkommen digital und online aufgeführt wird. Dies führte zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung mit der Frage was Theater überhaupt ist und was es ausmacht. Eine sehr präsente Vorstellung hierzu war der Charakter des Theaters als ein gemeinschaftliches Produkt und soziales Ereignis, das einen physisch erlebbaren Erfahrungsraum öffnet. Die Sorge war an diesem Punkt, dass ein digitales, sozial scheinbar eher isolierendes Medium wie der heimische Computer diese Erfahrungen nicht einlösen könnte. Dazu kamen individuelle Ängste im Umgang mit unbekannten, technischen Gerätschaften die zuvor nicht nötig waren um zusammen zu Proben und ein Stück zu entwickeln.

Diese und weitere Erfahrungen der Anfangsphase des Projekts bildeten den Ausgangspunkt zur Stückfindung. Die Idee war, nicht eine bestehende Geschichte oder ein fertiges Drehbuch nach den Vorstellungen des Regisseurs umzusetzen sondern eine gemeinschaftliche, sich in den Proben und dem Austausch aller Teilnehmer, entwickelnde Aufführung. Die aktuelle Realität der Darsteller sollte sich in einem spielerisch, experimentellen, digitalen Kommunikationsprozess zu einem Theaterstück entwickeln, das zwar durch die Corona-Maßnahmen ins Leben gerufen wurde, sich aber nicht von diesen deprimieren lassen sollte. Eine durchgehend übereinstimmende und erfrischende Meinung aller Teilnehmer war “Es soll nicht um Corona gehen, davon haben wir genug in allen Medien.”

Die Ideen die sich während und nach dieser ersten Findungsphase entwickelten waren erwartungsgemäß so bunt und verschiedenartig wie die Teilnehmer selbst. Ein Darsteller berichtete, nachdem seine privaten Einrichtungsgegenstände die Neugier der anderen Videokonferenzteilnehmer weckten, von der großen Freude dieihm das Theaterspielen immer bereitete aber seine Traumrolle als amerikanischer Siedler zu den Zeiten der Erschliessung Amerikas sei ihm bisher immer verwehrt geblieben. Jonny Mc Wolf war geboren und ein bisher eher wenig gefördertes Talent, des unterhaltsame Monologe schwingenden Alleinunterhalters im wilden Westen, konnte sich zur Freude aller Teilnehmer und Zuschauer entfalten.

Eine Darstellerin entdeckte die Möglichkeiten der Videokonferenzfunktion zur Verschleierung des eigenen Hintergrundes für sich und begann diese Algorithmen auf ganz eigene Weise zu verwirren und für ästhetische Experimente zu nutzen. Durch die absichtliche Verschleierung ihrer Person durch die Bewegung netzartiger Materialien vor der Kamera konnte sie den Algorithmus als kreatives Bildgestaltungswerkzeug umnutzen und sich mit spannenden Szenen optischer Auflösung und Verwandlung in das Stück einbringen.

Ein Darsteller entwickelte Freude an den mobilen Möglichkeiten an einer Videokonferenz teilzunehmen und nutzte sein Smartphone um eine Live-Übertragung aus seinem Garten in das Stück einfliessen zu lassen und Makroaufnahmen der vorgefundenen Pflanzenwelt zum Stück beizutragen. Ein ungewohnt erfrischender Anblick wenn man sich die wenig abwechslungsreichen Situationen der sonst üblichen Home-Office Übertragungen vor Augen führt.

Dies sind nur drei der zahlreichen Ideen die es bis in das Stück und die Wohnzimmer der Zuschauer geschafft haben. Die Liste liesse sich um einige Seiten erweitern. Zusammenfassend lässt sich ohne Zweifel behaupten, dass eine unerwartet hohe Quantität, Qualität und Individualität an Einfällen und Umsetzungen gefunden und zur Aufführung gebracht werden konnte. Als Regisseur des Stücks konnte ich meine selbstgestellte Aufgabe, nicht Feldherr sondern Hebamme zu sein, einlösen und bin von dem Ergebnis selbst positiv überrascht.

Bis hierher war es nicht nötig zu erwähnen, dass es sich bei den Darstellern um Menschen mit Behinderung handelte, die trotz oder wegen der Erforschung eines neuen, theatralen Formats als vollkommen ernst und voll zu nehmende Schauspieler auf unserer virtuellen Bühne agierten. Selbst die zunächst groß wirkenden, technischen Hürden konnten von den Teilnehmern abgebaut werden und das zuvor eher unbekannte und wenig geliebte Medium Videokonferenz wurde kreativ nutzbar gemacht um eine ganz neue Theatererfahrung zu präsentieren.

Gefördert durch die
Stiftung Wohlfahrtspflege NRW

Stiftung_Wohlfahrtspflege_logo_300dpi

In Kooperation mit dem Schauspiel Wuppertal

Logo_Schauspiel-Wuppertal

Das Team.

Regie: Tobias Daemgen | RaumZeitPiraten
Konzept & Projektleitung: Uwe Schinkel

Mitwirkende: Annette Nadas, Merlin Roemer, Birte Rüster, Nele Blum, Wolf Dietrich, Andrea Gudrun Winkler, Stefan 

Technische Umsetzung und Support: Netfinish, LANBase, Karol Klabisch
Übersetzung der Aufführungen in Gebärdensprache: Skarabee

Die Bildergalerie.